Die Interessengemeinschaft Würzburger Straßenbahn e.V. (IWS) diskutierte mit 2. Bürgermeister Martin Heilig, Herrn Luis Pototzky (Koordinierungsstelle nachhaltige Mobilität) und Dipl. Ing. (FH) Bernd Karl (Würzburger Straßenbahn).

 

Das Thema „Mobilität“ beschäftigt die Bürger in Würzburg und Umland in zunehmendem Maße. Sie lehnten kürzlich eine Bewirtschaftung der großen Parkfläche an der Talavera mehrheitlich ab. Denn sie haben den Eindruck, dass Busse und Bahnen derzeit noch keine echte Alternative sind, und sie sehen, dass es mit dem seit Jahrzehnten versprochenen Ausbau der Straßenbahn nicht recht vorwärts geht. Hitzesommer und Wassermangel zeigen dagegen die Notwendigkeit eines Umstiegs auf öffentliche Verkehrsmittel, ist doch der Straßenverkehr hier und weltweit für fast 1/3 der CO² - Emissionen verantwortlich.

Der Vorstand der IWS e.V. begrüßte daher die Einladung zu einem offenen Gespräch im Rathaus. Nach den einleitenden Begrüßungsworten von Bürgermeister Heilig wiesen die Vorsitzenden der IWS, Dr. Konrad Schliephake und Roland Brodziak, auf die Klimafolgen des ohne Steuerungsmaßnahmen weiter anwachsenden Individualverkehrs hin und formulierten die Sorge der Bürger über den schleppenden Fortgang der Straßenbahn-Ausbaupläne in Würzburg. IWS-Beisitzer Günter Severin, Kaufmann und langjähriger Beobachter der Mobilitätsszene, beklagte die mangelnde Information durch die politischen Mandatsträger.

 

Bernd Karl, Bereichsleiter der WSB, verstand einerseits den Unmut über die derzeitige Situation, gab aber zu bedenken, dass man die Bauprojekte in einem schwierigen Umfeld zwischen technischen Zwängen, Finanzierungsengpässen sowie kommunalpolitischen und nachbarschaftlichen Konflikten realisieren muss. Sein erstes Beispiel, die Verlängerung der Straßenbahnlinien 1 + 5 in Grombühl um 1,7 km bis zu einer neuen Wendeschleife bezeichnete er als „Operation am offenen Herzen“. Denn der empfindliche Klinikbetrieb beidseits der Josef-Schneider-Straße darf nicht gestört werden. Hier hatte die Universität das letzte Wort. Die Kabelquerung im Kreisverkehr ist jetzt fertiggestellt, und das Baukonzept mit der Universität abgestimmt. Lt. Bürgermeister Heilig fördert die Universität das Vorhaben nun nachhaltig und stellt eine Trasse für Materialtransport bereit. Wegen der komplexen Situation ist mit fünf Jahren Bauzeit zu rechnen.

 

Für die Linie Frauenland-Hubland (sogenannte „Linie 6“) besagt der Zeitplan von Stadt und WSB, dass spätestens im Jahr 2027 die Straßenbahn zum Hubland fahren soll. Gemeinsam mit den Anliegern konnten Konfliktpunkte entschärft werden, auch ist das Baufeld nicht so kompliziert wie in Grombühl. Allerdings ist ein neues „standardisiertes Bewertungsverfahren“ notwendig, das den Zusatznutzen gegenüber der bisherigen Situation berechnet. Die beauftragte Fa. Intraplan (München) will das Ergebnis voraussichtlich in einigen Wochen präsentieren. Ein neu eingerichteter „Lenkungskreis“ mit Stadt, Straßenbahn, Universität, Regierung von Unterfranken und Freistaat Bayern trifft sich nun regelmäßig zum Austausch. Die Stadt geht davon aus, dass mindestens 85% der Investitionen aus Zuschüssen gedeckt werden.

Die Auslieferung der bestellten neuen Straßenbahnwagen verzögert sich aufgrund des bestehenden Mangels an Stahl- und Elektronikteilen. Der Hersteller will nun Anfang 2024 die ersten beiden Gelenkzüge für ausgiebige Tests an die WSB ausliefern.

 

Als Ergebnis des Gesprächs ist festzuhalten, dass alle diejenigen, die auf nachhaltige Verbesserungen hoffen, noch etwas Geduld brauchen, bis diese wichtigen Maßnahmen zum Abschluss kommen können.

 

Vor kurzem wurde die komplette Gleisanlage am Würzburger Hauptbahnhof ausgetauscht. Für den Stadtteil Grombühl, der in dieser Zeit vom übrigen Straßenbahnnetz abgeschnitten war, wurde ein „Schienenersatzverkehr“ (SEV) mit Omnibussen eingerichtet. In einem der meist gut gefüllten SEV-Bussen konnte Roland Brodziak einen Dialog unter den Fahrgästen mitverfolgen. Eine Dame rief der anderen zu: „Jetzt, nachdem keine Straßenbahn mehr fährt, merke ich erst, wie ich sie vermisse“. „Ja“, erwiderte daraufhin die andere, „da haben Sie ein wahres Wort gesprochen“!

 

Gibt es mehr dazu zu sagen?

 

Verfasser: K. Schliephake und R. Brodziak