Aktuelle Entwicklungen im ÖPNV in Würzburg

 

Informationsveranstaltung der IWS mit Herrn Ralf Willrett von der WVV (Würzburger Versorgungs- und Verkehrs GmbH) am 12.9.2024

 

Seit Jahren kommt Bewegung in den deutschen ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr).
Die oft zitierte Verkehrswende, eine der wichtigsten Maßnahmen gegen den Klimawandel,
soll auch in Würzburg durch spürbare Verbesserungen des ÖPNV vorangetrieben werden.
Dennoch bleiben bei einigen wichtigen Projekten bislang sichtbare Fortschritte aus. Darüber
hinaus müssen Zukunftsaufgaben, wie die Digitalisierung, bewältigt werden. 

 

Seit Oktober 2023 ist Ralf Willrett als Geschäftsführer Mobilität bei der Würzburger Versor-
gungs- und Verkehrs GmbH und als Sprecher der Würzburger Straßenbahn (WSB) im Amt.
Mit einem Netz von 28 Linien und 270 Kilometern befördert die WSB jährlich rund 30 Millio-
nen Fahrgäste. Angesichts der immer häufiger auftretenden sommerlichen Hitzewellen im
Talkessel Würzburgs soll der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr von aktuell 14 % auf
20 % bis 2030 erhöht werden. Bis 2045 soll der Anteil auf 24 % steigen. Ralf Willrett ist zu-
versichtlich, dass diese Ziele mit innovativen Konzepten wie dem geplanten „Würzburg-Takt“
erreichbar sind.

 

Außerdem ist er der Überzeugung, dass in den letzten Jahren bereits entscheidende Schritte
unternommen wurden, um den ÖPNV attraktiver zu gestalten. Neue Angebote wie das Bus-
netz+ und der Straßenbahn-City-Takt waren erfolgreich, auch wenn sie durch die Corona-
Pandemie und technische Schwierigkeiten bei den Niederflurwagen zeitweise ins Stocken
geraten sind. Die Verbesserungen werden gut angenommen. Indiz dafür sind steigende
Fahrgastzahlen. Im Oktober 2023 waren etwa 10 % mehr Fahrgäste unterwegs als im
Oktober 2019.

 

Das Würzburger Straßenbahnnetz ist, so Willrett, klein. Es stammt aus der Zeit vor dem
Zweiten Weltkrieg und wurde seither nur im Süden mit der Linie nach Rottenbauer erweitert.
Eine Vergrößerung des Netzes ist insbesondere volkswirtschaftlich sinnvoll, um wachsende
Stadtteile wie Grombühl und das Hubland effizient anzubinden. Die Neubaustrecken zu die-
sen Gebieten befinden sich bereits in Planung. Mit dem erfolgreichen Abschluss des stan-
dardisierten Bewertungsverfahrens wurde ein wichtiger Schritt für die Förderung der Hub-
landlinie erreicht. Auch beim Umbau der Straßenbahnwendeschleife am Hauptbahnhof gibt
es Fortschritte: Eine neue, weniger aufwendige Lösung wird aktuell geprüft. Trotz
Verzögerungen, die unter anderem durch die Ukraine-Krise verursacht wurden, sollen die
ersten neuen Straßenbahnen im Dezember geliefert werden.

 

Neben der Infrastruktur stellt auch die Personalgewinnung eine große Herausforderung dar.
Der allgemeine Fachkräftemangel betrifft besonders auch Busfahrer/innen, da der Erwerb
eines Busführerscheins mittlerweile 10.000 bis 12.000 Euro kostet und diese deshalb von
der Arbeitsagentur oder den Unternehmen getragen werden müssen. Zudem fehlen Fahrleh-
rer, was die WSB dazu veranlasst hat, die Ausbildung von Busfahrern/innen selbst zu über-
nehmen. Auch bei der Gewinnung von Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Werkstattper-
sonal sind zusätzliche Maßnahmen notwendig. Im Bereich der Digitalisierung sieht Ralf
Willrett die wichtigste Aufgabe darin, die Digitalisierung des ÖPNV voranzutreiben. Sowohl
hinsichtlich des Ticketvertriebs als auch hinsichtlich der Managementsysteme.

 

Eine der größten Herausforderungen bleibt jedoch die Finanzierung des ÖPNV. Im Gegen-
satz zu anderen europäischen Ländern, insbesondere der Schweiz, verfügt Deutschland
nicht über ein durchgängiges und langfristiges Finanzierungskonzept für den ÖPNV. Die Ein-
nahmen aus Fahrgeldern decken die Kosten nicht, und staatliche Zuschüsse sind unzu-
reichend. Sie hängen inzwischen stark von der Verfügbarkeit der Gelder in den öffentlichen
Haushalten ab. Die Mitfinanzierung durch die Nutzer/innen spielt für Ralf Willrett daher eine
zentrale Rolle. Die früher übliche Mitfinanzierung der Verluste der Verkehrssparte im kon-
zerninternen Querverbund durch Gewinne aus dem Energiesektor ist künftig nur noch einge-
schränkt möglich; kommende Investitionen in die Energie- und Wärmewende sowie steigen-
der Wettbewerbsdruck werden künftig kaum noch Raum für die Querfinanzierung des ÖPNV
durch Erträge aus dem Versorgungssektor lassen.